Viel wird über den Klimawandel diskutiert und allzu oft Fakten beschönigt und Altbekanntes wiederholt. Entsprechend verschliessen sich einige Personen dieser Thematik. Doch es ist wichtig, sich mit dieser grössten Herausforderung des 21. Jahrhunderts zu konfrontieren. Auf dieser Seite sollen Sie nebst einem Überblick über die Funktionsweise des Klimas der Erde Hintergrundinformationen aus dem aktuellen Stand der Forschung erhalten, die Schlüsselgrafiken erklärt bekommen und verstehen, weshalb 2 °C globale Klimaveränderung extrem viel ist und was für mögliche Konsequenzen das mit sich bringt.
Seit Beginn der Industrialisierung führt der Mensch durch die Verbrennung der fossilen, nicht erneuerbaren Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas anfänglich hauptsächlich zu Leucht- und Heizzwecken, heutzutage allem voran für grenzenlose Mobilität (vgl. Abschnitt "Schweizer Treibhausgasbilanz" weiter unten), zu einer massiven Erhöhung der CO2e-Konzentration der Troposphäre. Dass der Klimawandel durch diese massiven Treibhausgasemissonen verursacht wird, ist heutzutage unbestritten und die sehr gute Korrelation der CO2e-Konzentration mit der globalen Durchschnittstemperatur wird durchs Verständnis des Treibhauseffektes untermauert. Entsprechend kann relativ genau abgeschätzt werden, was für eine Temperatur die Erde bei einer bestimmten Konzentration von CO2e aufweist. |
Quelle: neuesland.at |
Diese Aussage stimmt: Damals lagen die globalen Temperaturen ähnlich hoch wie im Jahr 2015. Entscheidend ist jedoch die Frage nach der
Ursache dieser Erwärmung: Diese findet sich in den Milankovic-Zyklen. Die drei Orbitalparameter Präzession, Obliquität und Exzentrizität,
welche die Schiefe und das Eiern der Erdachse sowie die Elliptizität der Erdumlaufbahn um die Sonne beschreiben, beeinflussen die in der Nord-
und Südhemisphäre auftreffende Strahlung massiv. Damals erreichte die Strahlung der Nordhalbkugel im Sommer 30 W/m2 mehr als heute.
Bei insgesamt rund 400 W/m2 Einstrahlung ist dies ein bemerkenswerter Mehrinput an sommerlicher Energie. Für die Schnee- und Gletscherschmelze ist genau
diese sommerliche Energie entscheidend: Ob im Winter -5 oder -20 °C herrschen, spielt keine direkte Rolle, sehr wohl jedoch, ob im Sommer 15 oder 20 °C
erreicht werden.
Demnach müsste heute dank massiv geringerer Sommereinstrahlung auf die Nordhemisphäre ein Gletscherwachstum beobachtet werden. Dem ist jedoch
nicht so, weil die deutlich verminderte sommerliche Einstrahlung durch vermehrte Absorption infolge höherer Treibhausgaskonzentrationen (CO2,...)
kompensiert wird. Die derzeitige Erwärmung ist hinsichtlich ihrer Ursache beispiellos in der Erdgeschichte.
Nachfolgend ist die diesbezügliche Schlüsselgrafik wiedergegeben. Um die Erderwärmung unter 2 °C zu halten, was mitunter wegen der Instabilität des grönländischen Eisschildes, die alleine zu einem Meeresspiegelanstieg von gut 5 m führen wird (siehe Wissensseite Kryosphäre) wortwörtlich für Milliarden von Menschen von existenzieller Bedeutung ist, darf die Menge von 3'000 anthropogen freigesetzten Gigatonnen CO2e nicht überschritten werden. Der Zeitpunkt, zu dem diese Menge erreicht wird, spielt keine Rolle. Das heisst, das verbleibende Budget von ca. 1'000 GtCO2e kann bei weiter wie bisher entweder in den nächsten 20 Jahren aufgebraucht werden oder dank einer sofortigen rigorosen Emissionspolitik auf mehr Jahre verteilt werden. Ersteres hat das massive Überschreiten einer Erwärmung von 2 °C und damit Verlust des Lebensraumes und der Lebensgrundlagen von Millionen, über mehrere hundert Jahre gar Milliarden von Menschen zur Folge. Eine angemessen rigorose Klimapolitik hingegen ermöglicht dank eines sofortigen Verzichts auf unnötige Treibhausgasemissionen in den emissionsintensivsten Bereichen (motorisierter Individualverkehr, Flugferien, Details vgl. Abschnitt "Mobilitätsmittel" unten) für die lebenswichtigen Aufgaben auch in 50 Jahren noch ein geringes CO2e-Budget zur Verfügung zu haben, ohne damit die Lebensgrundlage anderer Menschen zu zerstören.
Quelle: IPCC 2013 Physical Science Basis: Summary for Policymakers. RCP steht für "Representative Concentration Pathway" und bezeichnet Modellrechnungen von verschieden starken durch die menschverursachte Treibhausgasemissionen entstehende Strahlungsungleichgewichte. RCP2.6 bedeutet +2,6 W/m2 gegenüber präindustrieller Strahlungsbilanz und entspricht einer Erwärmung von maximal 2 °C bis 2100, RCP8.5 bedeutet +8.5 W/m2 und entspricht einer globalen Erwärmung von 4,5 °C bis 2100.
Im November 2016 ist von Akademien der Wissenschaften Schweiz der von rund 60 Wissenschaftlern
erarbeitete Bericht "Brennpunkt Klima Schweiz" erschienen. Dieser Bericht ergibt einerseits Aufschluss über die
Auswirkungen der Klimaszenarien auf Temperatur, Wasserkreislauf, Wetterextreme etc. in der Schweiz. Andererseits wird er jedoch auch
konkret und zeigt auf, in
welchen Bereichen die Schweiz ansetzen muss, um ihre Emissionen zu reduzieren und wie gross die nötigen
Veränderungen sind, wenn die Schweiz ihren Anteil zum Klimaschutz beitragen will. Ebenso wird ein kurzer Einblick in die
Schweizer Klimapolitik gegeben.
Um festzulegen, in welchem Bereich des alltäglichen Lebens prioritär Massnahmen zur Emissionsminderung zu treffen
sind, ist als absolute Grundlage eine Treibhausgasbilanz erforderlich. Diese wird in der Schweiz jährlich vom Bundesamt für Umwelt erhoben. Während
die Industrie und besonders die Haushalte ihre Emissionen in den letzten 15 Jahren reduzieren konnten (BAFU 2016:17), sind
die Emissionen im Verkehrsbereich um rund zehn Prozent angestiegen. Damit stellt der Bereich Verkehr mit 33 % mittlerweile die wichtigste
Emissionsquelle der Schweiz dar. Im aktuellen CO2-Gesetz sind jedoch juste jene 33 % von Abgaben ausgenommen, während im
Gebäudebereich bereits 20 Rp. Abgaben pro Liter Heizöl erhoben werden. Aus wirtschaftlichen Überlegungen wäre,
um mit möglichst geringem Aufwand ein Maximum an Emissionsreduktion zu erzielen, genau im Verkehrsbereich
anzusetzen.
Quelle: Röthlisberger (2016) mit Daten von BAFU (2014).
In der Schweiz sind Bahnfahrten extrem klimafreundlich Dies daher, dass kaum Diesellocks zum Einsatz kommen und der Strom vorwiegend aus der klimafreundlichsten Stromquelle, der Wasserkraft, entstammt. Pro Personenkilometer Bahnfahrt wird 0,1 g CO2eee ausgestossen, während es pro Personenkilometer Autofahrt 180 g CO2e und pro Personenkilometer Flugdistanz 200 g CO2e sind (gemäss mobitool Grundlagenbericht von Tuchschmid und Halder (2010)). Darin eingerechnet sind keine Emissionen für Bau und Unterhalt der Transportinfrastruktur wie Strassen oder Schienen. Zu beachten ist, dass mit dem Flugzeug durch die sehr weiten Distanzen in kurzer Zeit extrem grosse Mengen an CO2e emittiert werden.
In der Schweizer Treibhausgasbilanz ist der Flugverkehr noch nicht eingerechnet, weil gemäss den im Kyoto-Protokoll bestimmten Richtlinien lediglich die Inlandflüge zur Treibhausgasbilanz eines Landes gezählt werden. Insgesamt fliegt jedoch pro Kopf kein Land so viel die Schweiz. Gemäss BAZL (2013) entfallen bemerkenswerte 22 % der in der Schweiz vertankten Treibstoffe auf den Flugverkehr. Dementsprechend betragen die Flugemissionen 28 % (22/(100-22) = 28) der Verkehrsemissionen, die ihrerseits mit den erwähnten 33 % den grössten Bereich der Gesamtemissionen der Schweiz ausmachen. Die CO2e-Bilanz der Schweiz würde also um 10 % höher ausfallen, wenn die Flüge auch mitberücksichtigt würden. Oder anders ausgedrückt: Die Flüge führen zu Emissionen, die fast halb so hoch ausfallen, wie alle Emissionen aller Gebäude der Schweiz (Heizungen)!
Deutschland strebt das Ziel an, seine Treibhausgasemissionen bis 2050, also in den kommenden 34
Jahren, gegenüber heute um 95 % zu reduzieren. Auch die Schweiz wird nicht darum herumkommen, ihre Emissionen um
mindestens 80 % zu reduzieren. Das ist das absolute Minimum, um eine mit grosser Wahrscheinlichkeit vollkommen aus dem Ruder
laufende, in der Menschheitsgeschichte nie gesehene Klimaveränderung mit mindestens 5 m Meeresspiegelanstieg und allen
weiteren Folgen (Extremereignisse (1 °C mehr = 7 % mehr Luftfeuchte und Energie), Ausdehnung der Subtropen nach Norden,
Feedbackprozesse und entsprechende Flüchtlingsströme) abzuwenden. Selbst 80 % Reduktion sind unmöglich zu
erreichen, wenn wir weiterhin in die Ferien fliegen und jeder Haushalt ein grosses motorisiertes Fahrzeug fährt. Details
dazu siehe Akademien der Wissenschaften Schweiz (2016) Kapitel 3.2ff.
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Die Wellenlänge der maximalen Ausstrahlung ist abhängig von der Temperatur der
Oberfläche, von der diese ausgeht (Stefan Boltzmann Gesetz). Für die Solarstrahlung ist dies im kurzwelligen,
fürs menschliche Auge sichtbaren Bereich von 400 - 700 nm der Fall, für die Ausstrahlung der Erdoberfläche im
langwelligen Bereich bei 10 Mikrometern. Die wärmende Wirkung von Treibhausgasen wie Wasserdampf, Kohlendioxid (CO2eee),
Methan (CH4) oder extrem klimarelevanten Kühlmitteln basiert auf dem folgendem physikalischen Verhalten: Für die
einfallende kurzwellige Strahlung sind diese weitgehend durchlässig, nicht jedoch für die von der
Erdoberfläche ausgehende langwellige Strahlung: Diese wird von ihnen grossteils absorbiert, also in Wärme
umgewandelt und somit nach oben, aber auch nach unten abgestrahlt und führt damit zur Erwärmung der
Troposphäre (unterste ca. 12 km der Atmosphäre, "Wetterschicht") und der Erdoberfläche. Die nachfolgende
Abbildung veranschaulicht die Energiebilanz der Erdatmosphäre: Im Schnitt erhält die Erde an der Obergrenze der
Atmosphäre 340 W/m2 Energie. Davon werden 100 W/m2 durch Wolken und die Erdoberfläche reflektiert und 79 W/m2 durch
Aerosole absorbiert. Auf die Erde gelangen somit 161 W/m2. Diese 161 W/m2 werden zu 2/3 für Verdunstung (84 W/m2) und
Transport fühlbarer Wärme (20 W/m2) aufgewendet. Weitere 56 W/m2 entgehen der Erde durch thermische, langwellige
Ausstrahlung. Diese ist jedoch wegen des Treibhauseffekts massiv grösser als die 56 W/m2: Hier wirken in der
Atmosphäre die erwähnten Treibhausgase der direkten Ausstrahlung ins Weltall entgegen und absorbieren, schicken
also einen Teil der Wärme zur Erdoberfläche zurück. Damit die Atmosphäre trotzdem die 239 W/m2 abstrahlen
kann, die nötig sind, damit die Energiebilanz ungefähr im Gleichgewicht liegt, muss sich die Erdoberfläche
entsprechend erwärmen. Dies ist der natürliche Treibhauseffekt, ohne diesen würde die Mitteltemperatur der
Erde bei -18 °C statt der normalen plus 15 °C liegen.
Verändert sich nun die Konzentration der Treibhausgase, wird noch mehr der ausgehenden Strahlung absorbiert und kommt
zur Erde zurück. Diese muss sich umso stärker Erwärmen, um die zusätzliche Energie abzustrahlen.
Quelle: IPCC 2013 Physical Science Basis: Chapter 2 Observations: Atmosphere and Surface
Treibhausgase verändern also die Strahlungsbilanz der Atmosphäre. Und das ist entscheidend, denn erfährt diese bereits ein geringfügiges Ungleichgewicht von 1 W/m2, muss sich die Erde erwärmen, um diese zusätzliche Energie abstrahlen zu können.
Dem interessierten Leser empfehle ich für eine aktuelle Einführung den Bericht "Brennpunkt Klima Schweiz" der Akademien der Wissenschaften Schweiz (2016). Ziemlich tiefgründig und wissenschaftlich geht der Berner Klimatologe und Professor Stefan Brönnimann (2015) in "Climate Changes Since 1700" ans Werk. Sehr umfassend und themenspezifisch ist das grösste wissenschaftliche Gesamtwerk der Geschichte, der letzte IPCC Report, der vollumfänglich online zugänglich ist.