Endlich Wetter!
Der Januar 2021 bot wettertechnisch viel Abwechslung, besonders in der zweiten Monatshälfte: Schnee, Föhnsturm, Regen bis knapp über 2000 m und sehr wenig Sonnenschein.
Im Januar 2021 fielen 168 mm Niederschlag. Dies ist mehr als üblicherweise im niederschlagsreichsten Monat Juni fällt und fast 100 mm mehr als normalerweise in einem Januar. Damit wurde der bislang niederschlagsreichste Januar um 45 mm überboten! Umso bemerkenswerter ist, dass fast der ganze Niederschlag in nur gut zwei Wochen fiel. Zum Abfluss kam der Niederschlag in noch kürzerer Zeitspanne primär während der starken Erwärmung am 28. und 29. Januar. Die Chise zwischen Zäziwil und Konolfingen ist nur knapp nicht über die Ufer getreten. Aufgrund der im Winter naturgemäss sehr geringen Verdunstung vermag nicht zu erstaunen, dass in unserer Region vermehrt kleine Hangrutschungen auftraten, so zweierorts im Zäzigrabe, aber auch oberhalb von Wohngebiet in Signau oder - vielleicht noch bevorstehend - direkt bei der Eintracht, wo frische Risse im Asphalt auf aktive Hangbewegungen hindeuten (Tipp: Parkiert einstweilen nicht mehr unterhalb davon).
Besonders die zweite Monatshälfte gestaltete sich über weite Teile winterlich: Die Neuschneesumme belief sich auf bemerkenswerte 97 cm. Erst in einem einzigen Monat, im Februar 2013, fiel noch mehr Neuschnee. Gegen Monatsende fielen besonders in der Ostschweiz grosse Neuschneemengen: Selbst in Lagen unter 1000 m wurden bis zu 70 cm Neuschnee in 24 h gemessen, derweil im Kanton Bern die Schneefallgrenze auf 1400 m Anstieg. Im Walliser Talboden schneite es kurz zuvor auch einen ganzen Tag ununterbrochen, wobei von 7 Uhr bis 23 Uhr satte 35, in Brig gar 40 cm Schnee fielen. Symbolisch im Anhang ein Zeitraffervideo eines anderen, kleineren Schneefallereignisses vom 12. Januar (Zeitraum: 4 Stunden).
Eine Augenweide sind derzeit die Schneehöhenverläufe der SLF-Messstationen: Von Mitte bis Ende Januar sind täglich Neuschneebalken von je nach Station mindestens 20 cm zu sehen. Durch die sehr grossen Neuschmeemengen auf die ausgeprägte Schwachschicht des Herbstschnees erstaunen auch die vielen grossen und sehr grossen Lawinen nicht, die besonders am Brienzersee und im Wallis bis in den Talboden vorstiessen.
Temperaturmässig war der Januar trotz 16 Eistagen nur 0.4 Grad zu kalt. Einerseits blieb grosse Kälte aus, andererseits wurden die Eistage durch drei Wärmephasen unterbrochen.
Einhergehend mit den wiederholten Niederschlägen dürften besonders Betreiber von Photovoltaikanlagen die Sonnenarmut bemerkt haben: Mit bescheidenen 38 Sonnenstunden war einzig der Januar 2010 noch sonnenärmer.
Nun dürfen wir uns auf einige weitere Zentimeter Schnee freuen, die immerhin ein paar Tage liegen bleiben dürften, da wir im Randbereich eines ausgeprägten Kaltlufteinbruches zu liegen kommen.
Symbolisch für den Schneefall im Januar 2021 ein abendlicher Schneefall im Brigerbad. Zeitraffer von 18:15 bis 22:15 Uhr:
Mit einer Mitteltemperatur von 6,6 °C war der Februar der drittwärmste Februar seit Messbeginn. Mit maximal 15,7 °C wurde gar die bisherige Februar-Höchsttemperatur egalisiert. Wirklich kalt war es im Februar 2021 nur ganz kurz vom 11. bis 14. Februar. Dies waren denn auch bereits die einzigen Eistage, Frost wurde nur an 10 Tagen registriert (normal: 20).
Der Februar 2012 unterbot bezüglich der maximalen Schneehöhe mit bescheidenen 7 cm gar den bisher schneeärmsten Februar aus dem Jahr 2007.
Die Sonnenscheindauer lag in der Norm, jedoch resultierte ein Niederschlagsdefizit von 31 mm.
Im März 2021 wurde mit 19,8 °C am letzten Tag des Monats eine neue März-Höchsttemperatur verzeichnet. Damit wurde der bis dahin eher kühle März innert dreier Tage noch zu einem normalen März auftemperiert.
Märzwinter? Dies traf dieses Jahr zu, jedoch erst ab der Monatsmitte. Dabei fiel fast täglich etwas Neuschnee, womit die maximale Schneehöhe 19 cm erreichte. Auch Ende März ist Schnee jedoch nichts Aussergewöhnliches, vor gut 10 Jahren erreichte im letzten Märzdrittel die maximale Schneehöhe in drei Jahren in Folge jeweils 19 bis knapp 40 cm. Auch begann der März aufzuholen, was der Februar in Sachen Frosttagen versäumt hatte: Mit 18 Frosttagen wurden 3 mehr als im langjährigen Mittel registriert.
Der März war etwas zu sonnig und nur leicht zu trocken.
Ein Vergleich: Der April 2020 war satte 3,4 °C zu warm, der April 2021 verhältnismässig magere 1,7 °C zu kalt. Trotzdem war er bezüglich mehrerer Werte der kälteste April seit Messbeginn im Oberthal: Minimaltemperatur, Durchschnittstemperatur und Anzahl Frosttage.
Speziell im April 2021 waren besonders die teilweise sehr kalten Nächte. So wurden ganze 13 Frosttage registriert (7 mehr als in der Norm, bisheriger Aprilrekord im Oberthal: 8 Frosttage), wobei im mittleren Monatsdrittel tagelang Luftfrost von -3 °C gemessen wurde, am 6. April gar -6,6 °C. Auf der Bodenoberfläche kann die Temperatur in klaren Nächten locker noch über 5 °C tiefer fallen. Dank des für einmal nicht zu warmen März hielt sich die Vegetation glücklicherweise noch zurück, entsprechend dürften die Frostschäden im Emmental trotz der eindrücklich tiefen Apriltemperaturen eng begrenzt sein. Nicht so im Wallis, wo die Aprikosen während den massiven Luftfrösten in Vollblüte standen und entsprechend die feinen Ästchen vor den Blüten komplett durchfroren. Dass im April mehr Frosttage verzeichnet werden als im Februar, dürfte eine Seltenheit darstellen. Ursache der Kälte waren länger anhaltende Nordanströmungen, gefolgt von Troglagen über Mitteleuropa, welche kalte grönländische Luft in die Schweiz führten. Was dieser Kälteausfluss nach Süden, der üblicherweise anderswo auch mit einem starken Wärmefluss in die Arktis einhergeht, für unseren Sommer bedeutet und ob uns bereits wieder ein Hitzesommer bevorsteht, wird sich zeigen.
Der April war trotz der kühlen Witterung viel zu sonnig und deutlich zu trocken - die Bise lässt grüssen.
Der meteorologische Frühling ging zu Ende - pünktlich dazu stiegen die Temperaturen in den letzten Tagen auf deutlich über 20 °C an.
Auf die Auswertung des Mai an der Wetterstation Oberthal habe ich mich besonders gefreut - und wurde enttäuscht. Vor einer Woche machten etwas gar voreilige Schlagzeilen die Runde, der Mai sei der kälteste seit 30 Jahren gewesen. Der Mai war mit einer Abweichung von -3,1 °C gegenüber dem Normwert 1961-1990 aus dem 300 m tiefer gelegenen Bern kalt, doch war bereits der vorletzte Mai 2019 noch kälter. Bemerkenswert war, dass die kühle und nasse Witterung fast über den ganzen Monat anhielt. So wurden nur vom 8. bis 10. und ab dem 28. Mai Maximaltemperaturen deutlich über 15 °C und damit über der Norm gemessen. Zwar wurde Anfang Mai wiederholt Bodenfrost gemessen, Luftfrost blieb jedoch gänzlich aus, während im Mai 2019 an 3 Tagen Luftfrost verzeichnet wurde. Untenstehende Abbildung ordnet die Mitteltemperatur aller Tage in diesem Jahr in die Spannweite der Beobachtungen an der Wetterstation Oberthal seit 2006 ein. Deutlich erkennbar sind der sehr warme Februar, die Warmphase Ende März, die kalte Phase Mitte April und die kühle Phase, welche sich über weite Teile des Mais erstreckte.
Bis zum 27. Mai fiel an eindrücklichen 24 Tagen mindestens etwas Niederschlag. Weil sich die Mengen jedoch stets in Grenzen hielten, war der Mai insgesamt mit 195 mm trotzdem "nur" ein Drittel zu nass. Oberhalb von 1000 m fiel wiederholt etwas Neuschnee, während die Schneeschmelze in den Berner Voralpen und Alpen oberhalb von 1500 m bis Anfang des dritten Monatsdrittels bescheiden blieb bzw. durch die Neuschneemengen kompensiert wurde.
Trotz der Niederschläge war der Mai fast normal sonnig.
Insgesamt handelte es sich gemäss MeteoSchweiz um den kältesten Frühling seit 1987. Spannend: Der Frühling 2021 entsprach dabei genau der Norm 1961-1990. So hat also temperaturmässig ein absolut normaler, durchschnittlicher Frühling eine Generation vor uns ausgesehen. Es ist immer wieder eindrücklich, was für klimatische Veränderungen wir miterleben dürfen/müssen. Kaum zu erahnen, was für Veränderungen heutigen jungen Generationen noch bevorstehen werden.
Nachfolgend einige Beispiele, welche die viel Diskutierten "2 Grad" fassbar machen sollen: -Bei rund 2 °C Globalerwärmung wird über mehrere 100 Jahre (klimatologisch und menschheitsgeschichtlich also in einem kurzen Zeitraum) 90 % des Grönländischen Eisschildes abschmelzen - weltweiter Meeresspiegelanstieg von mindestens 6.0 m garantiert! Dies ist auch der Hauptgrund, weshalb die Zeit im Klimaschutz derart drängt. -Bei 2 °C Globalerwärmung erwärmt sich die Schweiz rund 4 °C, was bedeutet, dass sich die Klimazonen und damit auch die Vegetation um gegen 1000 Höhenmeter (!) nach oben verschieben. Globaler Klimaschutz ist also zwingend vor lokalen Naturschutz zu stellen. -Um unter 2 °C Globalerwärmung zu bleiben, steht jeder Person ein jährliches CO2e-Budget von rund 1'000 kg zur Verfügung - Mobilität, Freizeit, Heizung, Ernährung inklusive. -Am weitaus meisten Emissionen lassen sich mit dem Verzicht aufs Fliegen einsparen: Eine einzige Flugreise nach New York führt, allen Effizienzsteigerungen zum Trotz, zu über 2'000 kg CO2-Emissionen innert weniger als 24 h (!). (Dabei ist die schätzungsweise 3-fach erwärmende Wirkung von Flugzeugen in der oberen Troposphäre nicht eingerechent.) Faustformel fürs Fliegen: 150 g CO2e pro Kilometer. -Am zweitmeisten Emissionen lassen sich bei den meisten Schweizern durch Reduktion der mit Treibstoffen gefahrenen Kilometer einsparen. Faustformel: Pro Kilogramm Diesel/Benzin entstehen bei der Verbrennung 3 kg CO2 (durch die Reaktion mit Sauerstoff).
Der Juni 2021 war dreigeteilt: Wechselhaftes erstes Monatsdrittel, sehr sonniges und heisses mittleres Monatsdrittel (7 Sommertag in Folge) und aussergewöhnlich nasses letztes Monatsdrittel. Insgesamt resultierte ein Temperaturüberschuss von 1,7 °C gegenüber dem Normwert aus Bern. Damit erlebten wir im Oberthal den drittwärmsten Juni seit Messbeginn 2005. Schweizweit war es der viertwärmste Juni seit 1864.
Bemerkenswert im Juni 2021 waren die besonders im letzten Monatsdrittel zahlreichen und teilweise sehr heftigen Gewitter. Auf der klassischen "Voralpenschiene" der Hagelzüge hagelte es teilweise innert einer Woche 3-mal, um Thierachern-Heimberg fiel flächendeckender Hagel (offenbar rückten stellenweise gar die Schneepflüge aus), eng begrenzt in Wolhusen erreichten dokumentierte Hagelkörner Grössen von teilweise über 7 cm Durchmesser, im Jura sog ein Tornado ein ganzes Bauernhofdach hunderte Meter in die Höhe und vielerorts traten Überschwemmungen an kleinen Flüssen auf. Das Oberthal blieb dabei verhältnismässig verschont, Hagel und Hochwasser traten (knapp) keine auf. Mit einem Monatsniederschlag von 241 mm wurde der Juni-Rekord aus dem letztjährigen Juni 2020 von 254 mm knapp nicht erreicht. Aussergewöhnlich waren jedoch die grossen Niederschlagsmengen im letzten Junidrittel: Vom 21. bis 30. Juni fielen 165 mm Niederschlag, wobei an 4 Tagen über 20 mm fielen und die 50 mm mit maximal 49.8 mm nur haarscharf verfehlt wurden. Ebenso wurde seit Messbeginn 2005 mit 800 mm Niederschlag noch nie ein so nasses erstes Halbjahr gemessen.
Trotz des durchzogenen letzten Monatsdrittels leistete die Sonne im Juni 23 Überstunden, wobei sie an keinem Tag frei machte (30 Sonnentage).
Nun erlaube ich mir, die Hochwasserlage der zu Ende gehenden und der kommenden Woche persönlich einzuschätzen.
Dazu zuerst ein kleiner Rückblick, um die derzeitige Situation zu verstehen:
Seit Monatsbeginn sind bereits weitere 100 mm Niederschlag gefallen. Am Donnerstag, 8. Juli lag die Schweiz und insbesondere das Berner Oberland im Bereich einer ausgeprägten Luftmassengrenze. Dabei fielen im Kanton Bern flächendeckend 30 - 40 mm Niederschlag innert eines Tages. Die Intensitäten waren mit rund 4 mm/h meist nicht besonders gross und in keiner Weise vergleichbar mit den während Gewittern möglichen Intensitäten (rund 100 mm/h während einer Zeitdauer von - wie am 28. Juli 2014 erlebt - bis zu 30 min). Aufgrund der grossen Vorfeuchte reagierten viele Flüsse trotzdem direkt auf die Niederschläge und schwollen so stark an, wie dies sonst nur der Fall ist, wenn diese Niederschlagsmengen statt über einen Tag verteilt in einer einzigen Stunde fallen würden. Besonders erwähnenswert ist hierbei die Kander, welche am Donnerstagabend die höchste Hochwassergefahrenstufe 5 erreichte und anschliessend nur langsam sank. Zusammen mit der Simme und dem Zufluss aus dem Brienzersee führte dies dazu, dass der Thunersee trotz grossen Ausflusses von knapp 400 m3/s während zweier Tage einen noch grösseren Zufluss aufwies und entsprechend anstieg. Dank einem vorgängig normalen Wasserstand konnte der Thunersee dank des Hochwasserstollens vorgängig um 10 cm abgesenkt werden. Durch die Niederschläge vom Donnerstag, 8. Juli stieg der See danach um 60 cm an und blieb ganz knapp unterhalb der Hochwassergrenze, welche bei Gefahrenstufe 4 beginnt. Genau diese Vorabsenkung und um damit zusätzliche Aufnahmekapazität im Thunersee zu schaffen ist Sinn und Zweck dieses nach den letzten grossen Hochwassern in den Jahren 1999 und 2005 erbauten Hochwasserstollens. Ohne Stollen, alleine mit den Schleusen, könnte dann im Vorgang an ein erwartetes Hochwasser bei normalem Pegelstand nicht genug Wasser abgelassen werden. Bei deutlich erhöhtem Wasserstand, wie dies das ganze Wochenende über der Fall war, kommt dem Stollen hingegen keine Bedeutung mehr zu, da dann auch alleine mittels der Schleusen die maximal möglichen Wassermengen abgelassen werden können, ohne dass Bern nasse Füsse bekommt. Genau dies wurde das ganze Wochenende über gemacht. Aufgrund der immer noch erhöhten Zuflüsse und der kurzen Niederschläge (ca. 10 mm) in der Nacht auf Sonntag steht der See aktuell aber immer noch 60 cm höher als zu Beginn der Niederschläge letzten Donnerstag und damit in Gefahrenstufe 3. Eine optimistische persönliche Schätzung geht davon aus, dass bis morgen Abend eine Absenkung um maximal 20 cm möglich scheint.
Mit diesem Hintergrundwissen werfen wir nun einen Blick in die Wetterkarten: Ab Montagabend gelangt die Schweiz erneut in den Bereich einer Luftmassengrenze, in der aus SSW sehr feuchte Luft herangeführt wird. Ein déjà-vu vom Donnerstag. Damit nicht genug, auf den Mittwoch koppelt sich das Höhentief ab und wird über dem Alpenraum stationär, was dazu führt, dass die feuchten Luftmassen im Gegenuhrzeigersinn um die Alpen herumgeführt und spätestens am Donnerstag aus Nordosten an den Alpen ausgepresst werden.
Vermutlich wird es also kommende Woche nicht bei einem einzigen Starkniederschlagsereignis wie vergangenen Donnerstag bleiben, sondern mindestens am Dienstag und Donnerstag flächendeckend stark regnen. Insgesamt werden flächendeckend zwischen 30 (COSMO-Modell der MeteoSchweiz) und 100 mm Niederschlag (Modelle WRF-NMM sowie MOS der Meteogroup) prognostiziert, wobei ich in Anbetracht der Wetterlage davon ausgehe, dass die Niederschläge durch COSMO stark unterschätzt werden und Niederschläge um 100 mm realistisch sind. Rechnen wir wiederum optimistisch damit, dass die grösseren Niederschläge als vergangenen Donnerstag "nur" zu demselben Anstieg (60 cm) des - bis dahin gegenüber aktuell um 20 cm abgesenkten - Thunersees führen, wird selbst so die Hochwassergrenze deutlich überschritten und gar die höchste Hochwassergefahrenstufe 5 erreicht. Vermutlich steht uns damit an den grösseren Flüssen das grösste Hochwasser seit dem Jahr 2005 bevor.
Dies ist meine persönliche Einschätzung, doch vermute ich aufgrund obengenannter Überlegungen, dass das Hochwasserpotential für kommende Woche bislang deutlich unterschätzt wird.
Ein wettertechnisch spannender Juli ging zu Ende! Bemerkenswert ist hauptsächlich der Niederschlag: Nach einem bereits nassen Mai und sehr nassen Juni folgte mit 332 mm (Normal: 137 mm) der zweitnasseste Juli seit Messbeginn im Oberthal im Jahr 2005. Dabei war der Niederschlag im Oberthal - glücklicherweise - relativ gut über die drei Monatsdrittel verteilt, womit hier grössere Überschwemmungen ausblieben. Nicht so an den grossen Seen vom Thunersee bis zum Neuenburgersee, wo durch die flächendeckenden Starkniederschläge um die Monatsmitte teils Gefahrenstufe 5 erreicht wurde (wobei letzterer auch heute noch nicht wieder den Normalpegel erreicht hat). Zum Monatsende hin traten vermehrt gewittrige Niederschläge auf, entsprechend waren die grossen Flüsse weniger betroffen. Die Chise hingegen erreichte zum wiederholten Mal in diesem Monat über 8 m3/s. Speziell zu erwähnen sei der 13. Juli, einer der seltenen Tage (im Schnitt ca. alle 3 Jahre), an denen im Oberthal über 50 mm zu verzeichnen waren.
Unangetastet blieb der Juli 2014, welcher mit 379 mm an einsamer Spitze steht. Trotzdem war es erst der dritte Monat seit Messbeginn 2005, der über 300 mm Niederschlag brachte. Dass alle diese drei Monate auf den Sommer entfallen, erstaunt nicht, da warme Luft eine wichtige Grundbedingung für grosse Niederschlagsmengen darstellt (pro Grad Celsius kann wärmere Luft 7 % (=exponentiell) mehr Luftfeuchtigkeit aufnehmen).
Deutlich die Spitze übernommen hat das Jahr 2021 mit dem bisherigen Niederschlag: Von Januar bis Juli fielen nicht weniger als 1130 mm Niederschlag. Normal in diesem Zeitraum sind 740 mm, bisheriger Rekordhalter war das Jahr 2014 mit 940 mm. Zum Jahressoll fehlen nur noch 120 mm.
Gemäss prov. Monatsbericht der MeteoSchweiz schnitt der Juli 2021 temperaturmässig normal ab. Im Oberthal war er 1,4 °C zu kalt. Der Unterschied erklärt sich primär daher, dass ich für die Einordnung auf die Normwerte 1961 - 1990 der 300 m tiefer gelegenen Station Bern zurückgreife. Im Sommer macht die Höhendifferenz rund 2 bis 3 °C aus. Der Juli 2021 war also im Oberthal verglichen mit einem normalen Oberthaler Juli der Jahre 1961 - 1990 vermutlich leicht zu warm, was sich auch durch die Mitteltemperatur von 15,9 °C bestätigt, welche exakt dem Normwert der immer noch 100 m tiefer gelegenen Station Langnau entspricht. Was hingegen auffällt ist, dass die Negativabweichung bei der Maximaltemperatur deutlich grösser ausfällt als bei der Mitteltemperatur und bei der Minimaltemperatur am kleinsten ist. Dies erklärt sich durch die leicht überdurchschnittliche Bewölkung, womit der Tagesgang gedämpft wurde (tiefere Maxima, aber auch höhere nächtliche Minima). So brachte es die "kälteste" Nacht im Juli 2021 gerade mal auf knapp unter 9 °C, während in anderen Jahren im Juli auch schon mal 6,1 °C gemessen wurden.
Eine deutliche Sprache spricht hingegen die Anzahl Sommertage (Tmax >= 25 °C): Der Juli 2021 brachte im Oberthal gerade Mal deren drei zustande. Dies war letztmals vor zehn Jahren der Fall. Beim Vergleich der Warmen Tage (Tmax >= 20 °C) schneidet der diesjährige Juli hingegen regelrecht "heiss" ab: Er brachte ganze 21 Warme Tage entgegen der mageren 12 Warmen Tage des Juli 2011.
Mit 178 Sonnenstunden war der Juli durchaus sonnenreicher, als mancher vermuten könnte. Das Defizit beträgt 54 Stunden.
Vermag denn der Juli 2021 gar keinen Rekord zu brechen? Doch, aber ich musste lange suchen: Es war - bezogen auf die relative Luftfeuchtigkeit - mit 85 % der feuchteste Juli seit Messbeginn im Oberthal! Sogar der berühmt-berüchtigte Juli 2014, der es auf 84 % brachte, wurde damit übertroffen. Freuen mag diese hohe Luftfeuchtigkeit gemäss einer brandneuen, bahnbrechenden Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL insbesondere die Bäume: Diese wachsen demnach nur an einzelnen Stunden, wenn die relative Luftfeuchtigkeit hoch ist, was meist nachts der Fall ist. Umgekehrt wachsen Bäume bei trockenem Wetter aber nassem Boden (z. B. durch Bewässerung) überhaupt nicht. Weitere Informationen dazu: https://www.wochen-zeitung.ch/d/id/59028/t/Baeume-haben-ein-spezielles-Wachstum.
Wetterliebhaber aufgepasst: Die Schweiz bleibt auch in der kommenden Woche an einer Luftmassengrenze am Rand eines Langwellentroges (Höhentief), welcher sich bereits seit mehreren Wochen relativ stabil über Mitteleuropa eingenistet hat. Die grossräumige nordhemisphärische Wetterzirkulation ist bereits längere Zeit festgefahren und wir dies auch noch eine Zeit lang bleiben. Entsprechend ist weiterhin für wechselhaftes Wetter, angereichert mit lokal heftigen Gewittern zu rechnen.
Diese stellten einen abrupten Wechsel zu dem bis anhin rekordnassen Jahr dar: Die Hauptniederschläge endeten am 7. August, danach setzten längere Trockenphasen ein. Dies ist gut zu sehen auf beiliegender Grafik, auf der die Steigung der orangen Fläche im August deutlich abflacht. Nichtsdestotrotz erreichte der akkumulierte Jahresniederschlag im 2021 über weite Teile des Jahres Werte wie nie zu vor seit Messbeginn 2005. Das Jahressoll von 1258 mm wurde Mitte September erreicht. Die beiden Monate August und September waren leicht zu trocken. Trotzdem ist das Niederschlagsjahr 2021 derzeit noch auf Rekordkurs.
Vor der Monatsmitte wurden im August während einer Woche Temperaturen von knapp 30 °C verzeichnet. Die Sonne war jeden Tag zu sehen. Durch die eher kühle zweite Monatshälfte mit nur einzelnen Tagen, an denen 20 °C überschritten wurden, war der August insgesamt 1.4 °C zu kalt.
Der September war über weite Teile trocken, sonnig und mit ganzen 13 sogenannt "Warmen Tagen" spätsommerlich warm (im Monatsmittel 1.3 °C zu warm). Der Hauptniederschlag ist dem einzigen Kälteeinbruch im ganzen Monat zu verdanken, welcher am Sonntag 19. September 35 mm Niederschlag brachte und die Schneefallgrenze lokal bis auf 1500 m absinken liess (eine willkommene Abkühlung an der Swiss Trail Tour an der Lenk).
Nach dem eher sonnenarmen August brachte der September überdurchschnittlich viel Sonnenschein. Der sonnenreichste September wurde um knapp 3 h verfehlt.
Nun bin ich verhalten optimistisch, dass in den kommenden Tagen und Wochen wieder etwas Leben in die Wetterküche kommt. Derzeit bahnt sich ein kräftiger Föhnsturm auf, der morgen Sonntag in der Zentral- und Ostschweiz bis weit nach Süddeutschland reichen und zu heissen Temperaturen führen könnte.
Der Oktober zeigte sich nach einer kurzen Niederschlagsphase zu Beginn über den ganzen Monatsrest von seiner sehr sonnigen Seite (30 Überstunden). Luftfrost gab es kein einziges Mal und nur an 7 Tagen blieb die Höchsttemperatur unter 10 °C. Verglichen mit dem Normwert (= was im Durchschnitt in der Vergleichsperiode 1961 - 1990 der Weltmeteorologischen Organisation SMO zu erwarten wäre) aus dem 300 m tiefer gelegenen Bern war es damit knapp ein halbes Grad zu kalt. Die WMO-Referenzperiode wird alle 30 Jahre den jeweils vorangehenden 30-Jahren angepasst. Die neuen Normwerte wurden soeben aufgeschaltet. Das bedeutet, dass ab den nächsten Monatswerten mit den Jahren 1991 - 2020 anstelle 1961 - 1990 verglichen wird. Zudem werde ich für die Vergleiche ab dann nicht mehr die Normwerte der Station in Bern herbeiziehen, sondern diejenige der deutlich näher und bzgl. Höhenlage mit 743 m ü. M. ähnlicher gelegenen Station Langnau.
Der Oktober 2021 konnte gar einen Rekord verzeichnen! Mit nur 34 mm Niederschlag war es tatsächlich der trockenste Oktober in der 16-jährigen Niederschlagsmessreihe der Station Oberthal.
Der November war lange Zeit trocken, wurde konstant kühler und war ab der Monatshälfte durch Hochnebel geprägt. Entsprechend bescheiden war die Sonnenscheindauer in der zweiten Monatshälfte, wo nur noch an 4 Tagen mehr als 1 h Sonne verzeichnet wurde. Insgesamt war er mit 47 h aber noch deutlich sonnenreicher als der November 2019. Zudem fiel im November nur gut die Hälfte des üblichen Niederschlages bei 0,8 °C zu kalten Temperaturen. Die letzte Monatshälfte war wechselhaft und winterlich geprägt mit Schneefällen bis ins Flachland. Trotzdem gab es erst einen einzigen Eistag und die erste Schneedecke am 26. des Monats.
Wie sieht die Jahresbilanz niederschlagsmässig mittlerweile aus? Tatsächlich liessen die paar deutlich zu trockenen Herbstmonate den grossen Vorsprung des Jahres 2021 aufs bisherige Rekordjahr 2006 schmelzen, womit Stand 30. November das Jahr 2006 mit 1410 mm knapp in Führung liegt vor dem Jahr 2021 mit 1402 mm. Der Dezember 2006 war normal nass - für den Jahresrekord fehlen also noch 50 mm bis Jahresende. Ob es damit klappt? In einem Monat werden wir es wissen. Eindrücklich ebenfalls das grosse Auf und Ab des 30-tages-Niederschlages (siehe Anhang): Nach neuen Rekordwerten im Februar, Juli und August wurden bereits im September und Ende Oktober so trockene 30-Tage verzeichnet wie noch nie in den letzten 16 Jahren.
Nach vier deutlich zu trockenen Monaten kehrte Anfang Dezember der Winter bis ins Flachland ein. Der Schnee blieb denn auch verbreitet bis zum obligaten Weihnachtstauwetter liegen: Wurden am 23. Dezember noch -9 °C gemessen, stieg die Temperatur mit Durchgreifen des Windes noch gleichentags auf +5 °C. Der Gefrierpunkt wurde in der Folge bis zum Monatsende nie mehr unterschritten. Insgesamt war der Dezember 2021 leicht zu kalt, normal nass und sonnenarm.
Das Jahr 2021 lässt sich am übersichtlichsten mit folgenden vier Grafiken einordnen:
Das Jahr 2021 war an der Wetterstation Oberthal gegenüber dem Normwert aus Langnau 0,5 °C zu kalt und damit das zweitkälteste Jahr seit 2006. Die "Unterkühlung" entstand vor allem durch den kalten Frühling, welcher in den Monaten April und Mai nicht so richtig in Fahrt kam. Im April war es mit 13 Frosttagen gar frostiger als im sehr warmen Februar (10 Frosttage). Der April war nur 2,2 °C wärmer als der Februar und brachte an 6 Tagen Neuschnee. Diese Aprilkälte ist denn auch in den nunmehr 16 Messjahren aussergewöhnlich, sowohl hinsichtlich Frosttagen, tiefster Temperatur (-6,6 °C) und Mitteltemperatur. Die Folge - wozu auch der sehr warme Februar massgeblich beigetragen hat - war eine im nahezu ausbleibende Obsternte. Gemäss MeteoSchweiz handelte es sich um den kältesten Frühling der letzten 30 Jahre - obschon dieser genau der Norm 1961 - 1990 entsprach.
Der Sommer war zwar normal warm (gemäss MeteoSchweiz gar der viertwärmste seit 1864), aufgrund der grossen Nässe waren jedoch die Nächte warm und die Tage eher kühl. Entsprechend wurde mit 28,2 °C die tiefste Jahreshöchsttemperatur der letzten 16 Jahre gemessen. Im Juli gab es zwar 21 Warme Tage, jedoch nur 3 Sommertage (wie im Juli 2011). Was der Sommer versäumte, schien der Herbst nachholen zu wollen: Nach nur 10 Warmen Tagen im August brachte der September ganze 13 Warme Tage. Übers ganze Jahr gesehen brachte das Jahr 2021 mit 16 Sommertagen allerdings mehr Sommer als andere Jahre: Im Jahr 2009 waren es nur deren 12, wobei damals im August kein einziger Sommertag verzeichnet worden war.
Angespannt blickte mancher Landwirt der Ernte des Winterfutters entgegen: Nach dem trockenen mittleren Junidrittel betrugt die 30-Tages-Niederschlagssumme bis Mitte August durchgehend über 200 mm (von Mitte Juni bis Mitte Juli fielen gar 410 mm). Nur gerade vom 19. bis 23. Juli waren ihnen mehrere trockene Tage am Stück vergönnt, die sogleich tüchtig genutzt wurden. Auf flachen und sumpfigen Feldern konnte die Gerste zum Teil gar nicht geerntet werden. Verschont blieb das Oberthal hingegen von den kräftigsten Gewittern, welche in Wolhusen Hagel bis 7 cm und im Jura einen Tornado brachten. Von Januar bis Juli fielen 1130 mm (normal: 740 mm). Gespannt blickten danach die Wetterfreaks auf den Niederschlagstacho: Wo der neue Jahresrekord durch die sehr nassen Monate Januar, Mai, Juni und Juli bereits gewonnen schien, geriet das Jahr 2021 durch die trockenen Monate August bis November wiederum in Rückstand. Erst der Dezember vermochte das bisherige Rekordjahr 2006 wieder zu überholen und schlug mit 1496 mm Niederschlag 13 mm Vorsprung hinaus. Gut 200 mm zu nass und knapp 200 h zu wenig sonnig lautet die Jahresbilanz.
Der grösste Sonnenüberschuss war spannenderweise gerade durch den kalten April zu verzeichnen, das grösste Defizit wies der Sommerferienmonat Juli auf. Dass sowohl April als auch September mehr Sonnenstunden schaffen als Juli und August, dürfte Seltenheitscharakter haben. Im Regensommer 2014 waren die beiden Sommermonate jedoch noch deutlich sonnenärmer als im vergangenen Jahr.